Am Samstag, 24. September 2016, organisierte die Stadtverwaltung eine Informationsfahrt zu Bibliotheken, die in umgenutzten Gebäuden auf mehreren Ebenen untergebracht sind. Der Oberbürgermeister hatte Gemeinderäte, Vertreter der Lokalen Agenda, des Weststadtvereins, des Freundeskreises der Stadtbücherei, des Seniorenforums und Büchereikunden eingeladen.
Ehningen Bücherei innen.
In Ehningen bei Böblingen (ca. 8.000 Einwohner) wurde 2015 ein historisches Wohnhaus zur Bücherei umgebaut. Für die Bücherei bedeutete dies eine enorme Verbesserung, die von der Bevölkerung von Anfang an sehr gut angenommen wurde. Von außen ergibt sich ein schönes Bild aus renoviertem Fachwerkhaus und zeitgemäßem Anbau. Im Gebäude zeigte sich allerdings, dass diese Art von Gebäuden auch eine Herausforderung für die heutigen Nutzer darstellt: Das denkmalgeschützte Haus ist in kleine Einheiten unterteilt, hat sehr niedrige Decken, viele Balken und schmale Durchgänge. Das gibt dem Haus einen eigenen Charme, begrenzt allerdings die Stellfläche für Regale. Zwar gibt es einen Aufzug, doch ist der Zugang mit Rollstuhl und Kinderwagen durch die engen Gänge nicht einfach. Die Bücherei in Ehningen hat ca. 600 qm für 26.000 Bücher zur Verfügung. Die engagierte Büchereileitung berichtete überzeugend vom Erfolg der Einrichtung, wies aber auch darauf hin, dass es in dem mehrstöckigen Haus schwierig ist, die Kunden mit dem gleichen Personal genauso gut zu betreuen wie bisher. Die neue Bücherei in Ehningen ist eine tolle Verbesserung zum früheren Zustand, als die Bücherei nur zwei Klassenzimmer nutzen durfte. Gleichzeitig sahen wir aber einige Bedenken gegenüber dem Standort „Alte Meierei“ in der Archivstraße 4 bestätigt. Wir fürchten, dass es dort schwierig wird, alle 60.000 Medien auf den 1.200 qm unterzubringen, weil in diesem Gebäudetyp viel mehr Fläche auf Verkehrswege entfällt und die Aufstellmöglichkeiten für Bücherregale eingeschränkt sind.
Ehningen Bücherei außen.
Die zweite Station war Radolfzell. Die Stadt am Bodensee hat ihr Österreichisches Schlösschen für die Bücherei renoviert. Es ist ein wunderschönes Bücherschloss mit tollem Bodensee-Blick aus dem obersten Geschoss. Allerdings kann man es nicht ernsthaft mit der Schorndorfer Option in der Archivstraße 4 vergleichen. Das beginnt beim vielzitierten Dachgeschoss, das wesentlich größer und höher ist als das der alten Meierei. Über dem obersten Geschoss ist noch ein halboffener Dachboden, der nicht genutzt wird. Auch die Größenverhältnisse unterscheiden sich. Radolfzell hat ca. 1.100 qm für 46.000 Bücher und andere Medien. In Schorndorf müssten auf etwa derselben Fläche 1,3-mal so viele Medien stehen. Auch die Raumstruktur ist völlig anders. In Radolfzell handelt es sich um ein repräsentatives Gebäude mit hohen Decken, annähernd quadratischen Flächen und luftigen Räumen. Die Verteilung der Bibliothek auf viele Etagen hat den Vorteil, dass einzelne Abteilungen gebildet werden können. Aber sie bedingt auch lange Wege für die Kunden und das Personal. Die Bibliothek ist sehr beliebt, doch in einer Kundenbefragung musste sie jüngst ein unterdurchschnittliches Ergebnis beim Thema „Kundenservice“ hinnehmen. Das ist verständlich, wenn von fünf Etagen nur zwei mit Personal ausgestattet sind. Das wäre also auch bei uns ein Problem. Wir können die Schönheit dieser Bücherei durchaus bestätigen. Aber die Räume lassen sich nicht mit der alten Meierei vergleichen und die befürchteten Schwierigkeiten sehen wir bestätigt.
Bibliothek Radolfzell Obergeschoss.
Bibliothek Radolfzell außen.
Fazit: Es war ein interessanter Tag mit vielen Eindrücken. Beide Kommunen wurden durch die neuen Bibliotheken nachhaltig bereichert. In beiden besichtigten Büchereien gab es seinerzeit keine Standortalternativen. Insofern beglückwünschen wir sie zu der erreichten Verbesserung. In unserer Stadt gibt es aber eine Wahlmöglichkeit. Im Güterbahnhof könnten wir eine moderne, übersichtliche und flexible Bücherei mit kurzen Wegen für die Kunden und die Mitarbeiterinnen bekommen. Wir sind weiterhin der Meinung: Für unsere neue Stadtbücherei eignet sich der Güterbahnhof besser als die alte Meierei!